Anorexie_Intakt

Egon Schiele (1890 – 1918)

Anorexia nervosa (F 50.0) – (WHO ICD 10)

Die Anorexia nervosa (Magersucht) ist durch einen absichtlich selbst herbeigeführten oder aufrecht erhaltenen Gewichtsverlust charakterisiert. Am häufigsten ist die Störung bei heranwachsenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Obwohl die Ursachen der Anorexie noch wenig fassbar sind, wächst die Überzeugung, dass vor allem eine Interaktion soziokultureller und biologischer Faktoren, sowie auch unspezifische psychologische Mechanismen und die Vulnerabilität der Persönlichkeit eine Rolle spielen. Mit der Erkrankung ist eine Unterernährung unterschiedlichen Schweregrades verbunden, die sekundär zu endokrinen und metabolischen Veränderungen sowie anderen körperlichen Funktionsstörungen führt.

Diagnostische Leitlinien:

  1. Tatsächliches Körpergewicht mindestens 15 % unter dem erwarteten (entweder durch Gewichtsverlust oder nie erreichtes Gewicht) oder Queteletsindex von 17,5 oder weniger. Bei Patienten in der Vorpubertät kann die erwartete Gewichtszunahme in der Wachstumsperiode ausbleiben.
  2. Der Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch:
    • Vermeidung von hochkalorischen Speisen; sowie eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen:
    • selbst induziertes Erbrechen;
    • selbst induziertes Abführen;
    • übertriebene körperliche Aktivitäten;
    • Gebrauch von Appetitzüglern oder Diuretika
  3. Körperschemastörung in Form einer spezifischen psychischen Störung: die Angst, zu dick zu werden, besteht als eine tief verwurzelte überwertige Idee; die Betroffenen legen eine sehr niedrige Gewichtsschwelle für sich selbst fest.
  4. Eine endokrine Störung auf der Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse. Sie manifestiert sich bei Frauen als Amenorrhoe und bei Männern als Libido- und Potenzverlust. Erhöhte Wachstumshormon- und Kortisolspiegel, Änderungen des peripheren Metabolismus von Schilddrüsenhormonen und Störungen der Insulinsekretion können gleichfalls vorliegen.
  5. Bei Beginn der Erkrankung vor der Pubertät ist die Abfolge der pubertären Entwicklungsschritte verzögert oder gehemmt (Wachstumsstopp; fehlende Brustentwicklung und primäre Amenorrhoe bei Mädchen; bei Knaben bleiben die Genitalien kindlich). Nach Remission wird die Pubertätsentwicklung häufig normal abgeschlossen, die Menarche tritt aber verspätet ein.